Andrea Sommer

Things

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In seiner Schrift Das Kontrasexuelle Manifest geht Paul B. Preciado von der Beobachtung aus, dass im bestehenden heterozentrischen System alle Körper bei der Geburt in Mann und Frau eingeteilt werden. Als Grundlage hierfür dienen Vagina und Penis als die «eigentlichen» Sexualorgane. Dabei wird Sexualität auf Fortpflanzungsmechanismen reduziert obwohl spätestens seit den 1960er Jahren klar sein sollte, dass Sex mehrheitlich eine lustvolle Aktivität ist. Gemäss Preciado ist Sex demnach eine (Macht-)Technologie, welche die heterosexuelle Gesellschaft zur Folge hat. Im Kontrasexuellen Manifest hinterfragt Preciado die Reproduktion des binären Geschlechtersystems und versucht die Geschlechternormen zu dekonstruieren, indem er drei verschiedene Praktiken vorschlägt. Sein Ziel dabei ist die Errichtung einer kontrasexuellen Gesellschaft. Bei der ersten Praktik geht es um die Erotisierung des Anus: Der Anus ist ein universales Organ, das nicht an der Fortpflanzung beteiligt ist und keine romantische Vergangenheit hat. Die zweite Praktik etabliert in Anlehnung an BDSM eine Verhandlungskultur in sexuellen Beziehungen, die eine stetige Klärung von Rollen und individuellen Grenzen ermöglicht. Die dritte Praktik führt den Dildo ein, jedoch nicht als Penisimitation, sondern als Sammelbegriff für alles, was sexuelle Lust bereiten und bedienen kann; so etwa ein Arm, ein Apfel oder ein Buch. Dem Penis wird dabei seine alleinige Deutungsmacht genommen. Die damit einhergehenden Praktiken diversifizieren das menschliche Sexualverhalten und vorherrschende binäre Rollenbilder von Weiblichkeit und Männlichkeit auf eine radikale Art und Weise.

In The Countersexual Manifesto Paul B. Preciado starts from the observation that in the existing heterocentric system all bodies are classified into male and female at birth.
The criteria for this classification are the vagina and the penis as the "actual" sexual organs. Thereby sexuality is reduced to reproductive mechanisms. However, since the 1960s at the latest it should be clear that sex is mainly a pleasurable activity. According to Preciado, sex is therefore a (power) technology that results in heterosexual society. Thus, in The Countersexual Manifesto, Preciado questions the reproduction of the binary gender system and attempts to deconstruct gender norms by proposing three different practices. His goal in doing so is to establish a countersexual society. The first practice involves the eroticization of the anus: the anus is a universal organ that is not involved in reproduction and has no romantic past. The second practice, following BDSM, establishes a culture of negotiation in sexual relationships that allows for constant clarification of roles and individual boundaries. The third practice introduces the dildo, but not as an imitation of the penis, but as a collective term for everything that can cause and serve sexual pleasure; such as an arm, an apple or a book. The penis is thereby deprived of its sole power. The practices that go along with this diversify human sexual behavior and prevailing binary role models of femininity and masculinity in a radical way.

2023
Mixed Media